Stelle Dir vor, Du fährst im Sommer in Deinem Cabrio durch Wälder und Felder. Du fährst und fährst. Auf einmal blinkt am Armaturenbrett ein Lichtlein auf: Der Tank ist fast leer! Der Reservetank reicht nur noch für einige Kilometer. Hektisch googelst Du auf Deinem Smartphone nach der nächsten Tankstelle, natürlich am Straßenrand. Yippiii, die nächste Zapfsäule ist nur ein Stück entfernt. Dank Deinem ökonomischen Fahrfähigkeiten erreichst Du sicher die Benzinstation. Mit leisem Aufatmen füllst Du den Brennstoff in Dein Auto – und schon kann’s weitergehen.
Keine Sorge, Du bist im richtigen Beitrag. Denn mit diesem kleinen Beispiel lässt sich gut die Funktion der Kohlenhydrate erklären. Sie dienen unserem Körper als Brennstoff: Dank ihnen können wir dem entflohenen Hund hinterherrennen, mathematische Probleme lösen und Nahrung verdauen. Kohlenhydrate halten uns warm und helfen bei Transportvorgängen in den Zellen. Werden die Energielieferanten knapp, ergeht es uns wie dem Auto: Wir machen schlapp. Fette und Proteine müssen einspringen, sie sind unsere Reserve für Notfälle. Wie beim Reservetank funktioniert das auch nur für eine begrenzte Zeit. Daher muss Kohlenhydrat-Nachschub her. Beliebt zum Auftanken sind Pizza, Nudeln und Schokoriegel – kurz gesagt: Zucker.
Kohlenhydrate = Zucker
Kohlenhydrate bestehen aus verschiedenen Zuckerarten (den Sacchariden), Ballaststoffen und eventuell Zuckeralkohole. Sie tummeln sich in Joghurt, Nüssen, Getreide, Gemüse, Kräutern und Obst. In Hartkäse kommen sie kaum vor und in reinem Fett findet man sie überhaupt nicht. Aber sonst in so ziemlich allen Lebensmitteln – Du kommst nur schwer um sie herum. Zum Beispiel finden sich in 100g Vollmilch neben Protein, Fett, Mineralstoffen, Vitaminen auch 5g Kohlenhydrate – durch den enthaltenen Milchzucker Lactose.
Kohlenhydrate sind chemisch betrachtet Verbindungen aus den Elementen Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff. Ihren Namen verdanken sie dem russischen Arzt und Chemiker Carl Schmidt. 1844 klassifizierte er Zuckerarten als Hydrate des Kohlenstoff. Die These stimmte zwar nicht, aber der Name hielt sich. Die wichtigsten Zuckerarten aus Pflanzen sind Stärke, Traubenzucker, Haushaltszucker und Fruchtzucker. Milch liefert den Milchzucker, auch Lactose genannt. Im Gegensatz zu Proteinen und Fetten liefern Kohlenhydrate dem Körper keine essentiellen Stoffe, sondern dienen nur zur Energie- und Wärmeerzeugung. Bevor der Körper Kohlenhydrate verbrennen kann, müssen sie erst in ihre kleinsten Bestandteile zerlegt werden. Das übernimmt die Verdauung: Enzyme zerlegen die großen Kohlenhydratmoleküle in immer kleinere Einheiten, bis am Ende nur noch Einfachzucker übrig sind. Das sind die Monosaccharide.
Stell Dir Monosaccharide als Legosteine vor: Sie sind die kleinste Zuckereinheit. Wenn Du mehrere Monosaccharide zusammenkettest, bekommst Du immer größere Bauwerke, bis Du am Ende ein Kohlenhydrat hast, einen Lego-Todesstern. Fruchtzucker (Fructose) und Traubenzucker (Glukose) sind Monosaccharide. Zusammengekettet ergeben sie ein Disaccharid, einen Zweifachzucker. Dazu gehört zum Beispiel der Haushaltszucker, den Du morgens in Deinen Kaffee rührst. Mono- und Disaccharide sind schnelle Zucker, das heißt, sie liefern dem Körper rasch Energie, da sie flink verdaut werden. Setzt Du jetzt drei bis neun Monosaccharide zusammen, bekommst Du ein Oligosaccharid, einen Mehrfachzucker. Sie sind wasserlösliche Verbindungen und schmecken süßlich. Oligosaccharide zählen bereits zu den Ballaststoffen. Sie sind in Honig, Hülsenfrüchte, Artischocke und Zuckerrüben. Stärke hingegen ist ein Polysaccharid, ein Vielfachzucker zusammengesetzt aus zehn oder mehr Monosacchariden. Sie sind schlecht wasserlöslich und schmecken neutral. Unser Körper setzt tausende Glukosemolekühle im Organismus zusammen und bildet so Stärke. Sie dient dem Körper als Energiespeicher, das sogenannte Glykogen. In Pflanzen dienen Polysaccaride wie Cellulose und Pektin als Gerüstsubstanz von Pflanzenfasern, beispielsweise als Blattadern.
Ballaststoffe
Und da wären wir schon bei den Ballaststoffen. Unter diesen Begriff fallen alle faserbildenden Bestandteile der Pflanzen wie Struktur-, Reserve- und Stützsubstanzen. Ballaststoffe nehmen wir über die Nahrung auf, zum Beispiel mit der Hülse von Vollkorngetreide. Sie sind ein buntes Sammelsurium verschiedener Stoffe wie Pektin (Apfel), Cellulose (Vollkorngetreide), Inulin (Schwarzwurzel), und auch das Agar-Agar der Meeresalge gehört dazu. Ballaststoffe liefern dem Körper keine Energie und versorgen ihn nicht mit anderen wichtigen Stoffen. Denn der Dünndarm kann die Pflanzenfasern nicht oder nur unvollständig aufnehmen, da uns die nötigen Enzyme fehlen. Dafür freuen sich unsere Dickdarmbakterien umso mehr über die feine Kost. Sie können die Ballaststoffe teilweise oder gar vollständig aufspalten und als Energielieferanten nutzen. Der Rest landet am nächsten Morgen in der Kloschüssel. Ballaststoffe beeinflussen die Konsistenz und Zusammensetzung des Stuhlgangs: Wenn er weich und plastisch ist, habt Ihr alles richtig gemacht. Rund 30g Ballaststoffe solltet Ihr täglich verspeisen.
Die wichtige Bedeutung für unsere Ernährung erhalten die Ballaststoffe wegen ihrer physikalischen Eigenschaften: Viele können Wasser binden und aufquellen. Dadurch vergrößert sich der Speisebrei, drückt gegen die Magenwand und löst ein Völlegefühl aus – Ballaststoffe sind also natürliche Appetitzügler. Sie verlangsamen so unsere Verdauung und die Aufnahme von Nährstoffen. Dadurch hält das Sättigungsgefühl länger an, Blutzzuckerspitzen werden verhindert, wir müssen nicht mehr zum Schokoriegel greifen. Allerdings können zu große Mengen zu Verstopfung führen. Am besten trinkst Du immer viel, vor allem, wenn Du Flohsamen isst. Sie gehören zu den wasserlöslichen Ballaststoffen und entziehen dem Speisebrei beim Quellen viel Wasser. Ist zu wenig da, kannst Du den Klogang am nächsten Morgen vergessen.
Um etwas Ordnung in die heterogene Gruppe der Ballaststoffe zu bringen, unterscheidet man sie anhand ihrer Wasserbindungsfähigkeit in zwei Gruppen: wasserlösliche und wasserunlösliche Ballaststoffe. Wurzelgemüse, zarten Haferflocken, Kartoffeln, Äpfeln und Birnen liefern wasserlösliche Ballaststoffe. Sie quellen im Darm, vergrößern dadurch den Speisebrei. Dieser wird an die Darmwand gepresst und fördert so die Aufnahme von Nährstoffen durch die Darmwand. Nebenbei verdünnen sie krebserregende Stoffe und verhindern ihren langen Kontakt mit der Darmwand. Außerdem wirken wasserlösliche Ballaststoffe positiv auf den Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel, indem sie zum Beispiel Cholesterin binden und so seine Aufnahme hemmen. Die Dickdarmbakterien lieben wasserlösliche Ballaststoffe und stürzen sich sofort auf das – hoffentlich reiche – Mahl. Mit einem Birchermüsli am Morgen macht Ihr Euren Bakterien eine Freunde.
Die wasserunlöslichen Ballaststoffe hingegen wandern meist unbearbeitet zum Ausgang und in die Kloschüssel. Sie sind in Linsen, Vollkorn und ungekochten Leinsamen zu finden. Sie erhöhen auch das Stuhlvolumen, verdünnen krebserregende Stoffe, quellen dabei aber kaum. Dafür beschleunigen die wasserunlöslichen Ballaststoffe die Verdauung. So bleibt der Speisebrei nicht zu lange im Magen-Darmtrakt liegen. Dadurch vermindern sich Fäulnisprozesse und Darmerkrankungen. Durch ihre nützlichen Eigenschaften verringern Ballaststoffe das Risiko für Fettleibigkeit oder die Gefahr, an Diabetes Typ 2 zu erkranken.
Ballaststoffe sind ein wichtiger Bestandteil einer gesunden Ernährung. Daher frühstücke einfach mal ein gutes Roggenvollkornbrot oder ein selbstgemachtes Früchtemüsli mit Mohnsamen und Kokosraspel. Integriere Gemüse wie Blumenkohl, Fenchel, Knollensellerie, Grünkohl und Möhren in Deinen Speiseplan. Über Birnen, Datteln, Kiwis, Heidel- und Himbeeren sowie schwarze Johannisbeeren freuen sich Deine Darmbakterien auch sehr. Auch für Naschkatzen gibt es ballaststoffreiche Leckereien wie rote Grütze, Vollkornkekse, Steinobstkuchen, Studentenfutter und vor allem Zartbitterschokolade. Lass es Dir schmecken und nebenbei fütterst Du noch die kleinen Bakterien in Deinem Darm.
Zuckeralkohole
Zur Kategorie der Kohlenhydrate zählen auch Zuckeralkohole wie Mannit, Isomalt, Sorbit und Xylit. Sie haben eine ähnliche Süßkraft wie Zucker, erhöhen aber nicht den Blutzuckerspiegel und verursachen keine Karies. Zuckeralkohole kommen in einigen Lebensmitteln natürlich vor, werden aber auch industriell erzeugt und zugesetzt. Wenn Du zu viel davon isst, kannst Du eine Dauersitzung auf dem Klo buchen und warten, bis die abführende Wirkung nachlässt. Im Gegensatz zu den Zuckeralkoholen gehören synthetische Süßstoffe wie Aspartam und natürliche Zuckerersatzstoffe wie Stevia nicht zur Gruppe der Kohlenhydrate.
Glykämischer Index und Glykamische Last
Vielleicht hast Du bereits vom Glykämischen Index und der Glykämischen Last gehört und fragst Dich, was es damit auf sich hat. Mit diesen zwei Einheiten wird eingeschätzt, wie schnell verschiedene Kohlenhydrate verdaut werden und wie viel Energie sie dem Körper liefern. Wenn Du mehr darüber erfahren möchtest, lies meinen Beitrag “Kohlenhydrate einschätzen“.
Und schaue in meiner Rubrik LEBENS-Mittel-Lexikon vorbei, wenn Du ein paar Infos über kohlenhydrathaltige Lebensmittel wie Rote Beete, Tomaten und Orangen erfahren willst!
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